Du kennst sie auch, die zähen Meetings, in denen du dich entweder fragst, was du hier zu suchen hast oder du deine Zeit besser investieren könntest und du nebenher anfängst, deine E-Mails zu bearbeiten oder du am Ende rausgehst und nicht weißt, was das Outcome ist. Ja, ich hatte sie zur Genüge und ich möchte euch meine Erfahrungen in Form von der ein oder anderen weisen „Meetingregel“, die sich bewährt hat, weitergeben, auf dass ihr in Zukunft achtsame und somit effizientere Meetings führt. Viel Spaß beim Lesen und Anwenden.
1. Meetingregel: Legt IMMER ein Ziel fest
Meines Erachtens die wichtigste Meetingregel zur Vorbereitung. Wenn du nicht weißt, wo du am Ende ankommen möchtest, weißt du auch nicht, wie du den Weg gestaltest oder wohin du bei abschweifenden Diskussionen leiten kannst. Das Ziel des Meetings ist das Herzstück – darauf aufbauend kannst du viele andere Fragen, wie z.B. „Welche Punkte soll ich dafür besprechen und klären?“, „Wer muss zwingend teilnehmen?“, „Wie lange?“ usw. optimal im Vorhinein beantworten. Diese und andere Fragen tragen dazu bei, dass du durch die achtsame und umfassende Vorbereitung, einfach effizientere Meetings gestaltest.
Schreibe dieses Ziel auch unbedingt in die Einladung.
- Brauchst du dieses Meeting überhaupt? Stell dir ernsthaft die Frage. Wenn du kein sinnvolles Ziel findest oder die Gegebenheiten eine Zielfindung noch gar nicht zulassen, dann lade bitte nicht ein, sondern kläre die Themen zunächst für dich. Nichts ist nerviger, als wenn sich alle am Tisch versammeln und dann feststellen, dass es ja (noch) gar nichts zu besprechen gibt.
- Niemand mag lange Einleitungen in Termineinladungen, bevor es auf den Punkt kommt. Sag in einem Satz, worum es wirklich geht. Das spart dir Zeit und du übst dich selbst darin, auf den Punkt und auch an zu kommen.
- Du zeigst Verantwortung als einladende Person – das gibt dir die Möglichkeit, dich ebenfalls optimal und auf den Punkt vorzubereiten.
- Du gibst gleichzeitig Verantwortung ab, in dem sich alle Teilnehmenden gezielt Gedanken zur Zielstellung machen können und sollen.
Optmierungspotenzial: Erstelle eine Agenda
Keine wirkliche Meetingregel und immer diese Gedanken im Voraus – aber ganz ehrlich, wenn du das Ziel und deine Agenda hast, dann kann fast nix mehr schiefgehen. Alle wissen, was der Outcome sein soll, du kannst als moderierende Person immer wieder auf den roten Faden verweisen (ja genau, deine Agenda) und du ersparst dir Diskussionen, warum du jetzt über „x“ oder „y“ nicht sprechen wirst. Schreibe die Agenda ebenfalls in deine Termineinladung, so wissen alle, welche Themen besprochen werden sollen. Du kannst den Termin auch erstmal nur mit dem klaren Ziel einstellen und „Agenda folgt“ dazu schreiben. Das schätzen Menschen mehr, als einen „leeren“ Termin. Du solltest sie dann nur auch wirklich folgen lassen. Durch eine achtsame Vorbereitung der Agenda, indem du die Punkte priorisierst nach Wichtigkeit für deine Zielerreichung, ergeben sich automatisch effizientere Meetings.
Tipp: Wenn du den Termin „für alle offen / bearbeitbar“ einträgst (das sollten gängige Kalenderformate mitbringen), können Gäste auch Änderungen durchführen und Punkte zur Agenda ergänzen. Ich liebe es, weil so kein Punkt vergessen wird und ich mich als einladende Person optimal vorbereiten und die Erwartungen gleich zu Beginn klären kann.
2. Meetingregel: Lade nur Menschen ein, die etwas beitragen
Wie eingangs gesagt, ist kaum etwas nerviger im Meeting, als festzustellen, dass du hier eigentlich nicht sein brauchst und du deine Zeit anders nutzen kannst. Das gilt natürlich nur für den Fall, dass du wirklich zu dem Thema nichts sagen kannst oder du nicht betroffen bist. Unlust ist nämlich kein Grund 😉 Und, wenn du absagst, dann gib bitte kurz einen Grund an.
Frage dich als einladende Person, wer relevant für die Erreichung deines Zieles im Termin ist? Wer kann dich weiterbringen? Wer hat Informationen? Wen kennst du, mit Erfahrungen auf dem Gebiet, welche in der Gruppe geteilt und diskutiert werden können? Optionale Teilnehmende sind meist nur „schlechtes Gewissen beruhigende Gäste“, brauchst du sie wirklich im Termin? Wenn du es ihnen freistellst, ob sie teilnehmen oder nicht, und auch auf sie verzichten kannst, dann verzichte auf sie. Sie werden es dir danken. Infos in Form von „Meeting Minutes“ kannst du im Nachgang verschicken und den Kreis um die Optionalen erweitern. Als eingeladene Person darfst du dir diese Fragen natürlich auch stellen und den Termin mit gutem Gewissen absagen, solltest du nichts dazu beitragen können – natürlich mit der entsprechenden Begründung.
3. Meetingregel: Setze eine realistische Timebox
Guckt euch kritisch in die Augen: ihr habt das Ziel und die Agenda. Wie lang wollt ihr dafür aufwenden, das Ziel zu erreichen und die Agendapunkte abzuarbeiten? Was sind wirklich wichtige Punkte für den Termin, streicht gern Unwesentliches.
Und noch wichtiger ist: haltet diese Timebox ein. Wenn ihr in der Agenda die Punkte priorisiert habt und euer Ziel in jedweder Diskussion vor Augen habt, dann sollte es euch nicht schwer fallen, einen Termin sogar mal vor der Zeit zu beenden. Menschen sind sehr dankbar, wenn ich sage „ich habe euch jetzt 23 Minuten geschenkt“.
Macht einen Schnitt, wenn die Zeit um ist. Was in der Zeit nicht besprochen werden konnte, war entweder nicht wichtig oder anderes wichtiger. Stellt lieber einen Folgetermin ein, anstatt um „noch schnell 5 Minuten“ zu bitten, aus denen erfahrungsgemäß meistens 10 Minuten und mehr werden. Niemand möchte, dass der Tag sich dadurch komplett verschiebt; deiner tut es im Übrigen auch. Die Verantwortung liegt aber nicht allein bei der organisierenden Person – jeder kann dazu betragen, dass sich Folgetermine in ihren Kalender nicht verschieben.
Tipp: im Google Kalender gibt´s die Funktion „schnelle Besprechungen“.
Wenn ihr hier das Häkchen setzt, dann werden Termine nicht mehr mit z.B. 60min als Standarddauer eingestellt, sondern mit 50min. Ich habe damit bei einem Unternehmen angefangen und viele fragten mich, was das für komische Terminlängen sind. Nach der Erklärung des Nutzens werde ich mittlerweile fast ausschließlich zu derlei Terminen eingeladen. Dadurch habt ihr 10min, um euch einen Kaffee zu holen, kurz zu meditieren oder eure Notizen zu ergänzen. Wertvolle Zeit, die ihr für euren Tag nutzen könnt. So erreichst du nicht „nur“ eine achtsame und effizientere Tagesstruktur sondern sitzt auch in Meetings, die Spaß machen.
Optimierung: Wenn verschieben, dann richtig
Klar, es kann immer passieren, dass ein Termin verschoben wird. Beachtet folgendes dabei:
- Verschiebung durch die einladende Person: Ist es wirklich notwendig? Kann jemand anders ohne großen Aufwand übernehmen? Stellt euch diese Frage kritisch, alle haben den Termin geblockt und sich im besten Fall darauf vorbereitet. Diese investierte Zeit wird dann später wieder zur erneuten Vorbereitung anfallen.
- Verschiebung durch eine teilnehmende Person: Wenn es eine erforderliche teilnehmende Person ist, sollte sie zunächst nach einem Ersatz suchen, damit der Termin nicht ganz ausfällt. Ist dies nicht möglich, dann sollte diese Person sich auch um einen Ersatztermin kümmern. Geht ganz hervorragend, wenn ihr den Termin „für alle offen“ einstellt. Diese Funktion sollte allerdings nicht dafür missbraucht werden, dass Termine einfach so verschoben werden. Ist eine Sache des Commitments.
- Absage durch eine teilnehmende Person: Es ist ihr gutes Recht!
Ist es eine optionale Person? Das ist ok, geh dem nicht nach. Sei eher dankbar für „einen Koch weniger, der am Brei kocht“. Die Person war optional eingeladen. Ob es ein relevanter Beitrag gewesen wäre, ist irrelevant – du hast die Wahl gelassen, sie hat entschieden.
Wenn eine erforderliche teilnehmende Person absagt, ist das natürlich erstmal unschön, kann aber immer passieren. Sie sollte es dann gern zusätzlich kurz begründen. Das ist hilfreich für die Organisierenden, um zu entscheiden, ob sie nochmal mit der Person sprechen oder sie nicht relevant ist für die Runde. Grundsätzlich gilt auch hier: Sie hat entschieden – mit allen Konsequenzen. Übernehmt dafür auch die Verantwortung.
Idee: Checkt achtsam ein
Startet ein Meeting doch mal anders. Anstatt reinzustürmen, sich noch schnell einen Kaffee zu ziehen und direkt mit dem Inhalt zu startet, setzt euch doch einmal zu einem gemeinsamen achtsamen Check-In zusammen. So habt ihr Gedanken aus alten Terminen aus dem Kopf und könnt voll durchstarten. Wie es geht, erfahrt ihr hier.
4. Meetingregel: Laptops und Handys aus – seid mit Fokus im Moment
Tim Bendzko formulierte es schon herrlich sarkastisch: „Muss nur noch kurz die Welt retten…“
Wie nervig ist es bitte, wenn im Termin ständig jemand auf dem Laptop tippt? Und kann diese Person dann wegen gedanklicher Abwesenheit eine an sie gerichtete Frage nicht beantworten und die letzten Sätze werden wiederholt? Das ist Ineffizienz schlechthin! Anstatt einen Vorteil zu haben und schnell parallel die Mails zu bearbeiten, sitzt dieser Mensch dann länger als nötig im Meeting, wodurch der vermeintliche Vorteil der Zeitersparnis wieder schwindet.
Lasst das sein! Es ist weder effizient noch effektiv, andere Teilnehmende sind genervt, ihr kommt weder im einen noch im anderen „Tab“ wirklich vorwärts. Am Ende seid ihr eher gestresst, weil euer Hirn die vielen Aufgaben gar nicht mehr auf die Reihe bekommt. Und ganz nebenbei ist es auch eine Frage der Wertschätzung und des Respekts.
Habt euren Fokus auf dem Thema, das jetzt wichtig ist. In meinen Augen eine so wichtige Meetingregel! Dadurch übernehmt ihr die Verantwortung für achtsame Fokussierung und gestaltet ganz automatisch effizientere Meetings. Ihr konntet euch im Voraus Gedanken dazu machen, ob ihr teilnehmt und habt die Einladung bewusst angenommen. Dann nehmt bitte auch mit voller Konzentration teil. Wenn die Mails wirklich* so wichtig sind, dass sie nicht die Dauer des Meetings warten können, dann gebt kurz Bescheid und verlasst den Raum. (*gemeint sind geschäftskritische Vorfälle, bei denen durch Missachtung das Unternehmen einen erheblichen Schaden erlitte). Niemand wird euch dafür kritisieren.
Verbesserunspotenzial: Meeting Minutes
Auch das ist keine Meetingregel, aber so hilfreich. Ich weiß, es ist superlästig und so oft nicht gemacht: die Meeting Minutes. Ich habe auch nicht immer die Muße dazu, habe aber meinen Nutzen daraus erkannt. Direkt im Anschluss in Confluence eine Seite eröffnet und eingetragen, spart es mir im Nachgang die ewige Suche nach Details. Wie oft saß ich schon da und fragte mich, wie wir zu einer Entscheidung kamen oder wer an dem Termin wirklich teilnahm, um nochmal fragen zu können oder, oder, oder…
Durch das Setzen der Timebox habt ihr genug Zeit, um die Notizen im Nachgang zu machen oder euch schon mal wichtige Punkte zu notieren und sie in einer Meeting-freien Zeit zu ergänzen. Schickt diese Meeting Minutes inkl. aller ToDos später allen relevanten Personen. Sie erhalten so die finalen Informationen und können entsprechend damit und daran weiterarbeiten.
Tipp: In Online-Meetings geht es schneller, wenn ihr direkt eine Confluence- oder andere Wiki-Seite erstellt, die Agenda dort in Tabellenform hineinkopiert und während des Termins direkt mitschreibt. Das können alle tun, je nach Thema oder nur du als einladende Person.
keine verbrannte Erde bitte
Klar, kreatives Arbeiten verursacht auch mal ein kleines Chaos am Ort des Geschehens. Egal ob Design-Thinking, Kreativ-Workshops oder Refinements und Retrospektiven: Verlasst den Raum bitte ordentlich. Ihr wollt sicherlich auch nicht an einen Ort kommen, an dem ihr erstmal leere Gläser und Kaffeetassen oder Krümel von den Tischen entfernt. Auch das Bereitstellen neuen Flipchart-Papiers gehört dazu, wenn es durch eure Nutzung zur Neige geht. Ihr tragt dazu bei, dass nachfolgende Termine pünktlich starten können.
Und zu guter Letzt:
Seid nachsichtig mit Euch und anderen! So eine Meeting-Kultur ist zwar an sich simpel, aber fordert Menschen in der Umsetzung. Geduld, Disziplin und Fokus sind die wesentlichen Treiber und ich weiß aus Erfahrung, dass es dauern kann. Wenn du mit gutem Beispiel vorangehst und andere Menschen achtsam inspirierst, lernen sie diese Vorgehensweise zu schätzen und fangen an, sie zu übernehmen. Habt immer das „Warum?“ vor Augen: ihr wollt achtsame und somit effizientere Meetings führen. Ihr könnt auch mit dem Team gemeinsam überlege, welche Meetingregel ihr als erstes ausprobieren wollt oder ob ihr einen Plan zur Einführung des Gesamtsets umsetzen wollt. Das ist euch frei überlassen. Wichtig ist: sprecht mit Menschen und informiert sie über euer Vorhaben.
Etwas drastischer und reibungsintensiver wird es, wenn ihr euch gegenseitig erlaubt, eine Einladung zu einem Meeting ohne mindestens dem Ziel und am besten noch der Agenda, direkt abzulehnen. Das frustriert im ersten Schritt und es bedarf eine gute Kommunikation auf Augenhöhe. Und auch das ist machbar in einem achtsamen Umfeld.
Ihr sucht Unterstützung bei der Einführung oder Umsetzung einer achtsamen Unternehmenskultur? Schreibt mir eine Nachricht und wir klären gemeinsam die Schritte für eine bessere Zeitbalance eurer Mitarbeitenden und mehr Outcome aus Meetings.